Mecklenburg, Anfang der 90er Jahre: Niketsch kommt mit seiner Doktorarbeit nicht voran. Marlene, seine Ex, ist mittlerweile mit seinem Bruder Konrad verheiratet, der bereits Arzt ist. Die Beiden kaufen sich in einem abgelegenen mecklenburgischen Dorf das renovierungsbedürftige Gutshaus, in dem Konrad eine Landpraxis übernimmt und Marlene ein Café eröffnen möchte. Die ganze Familie muss finanziell ran, um die Renovierung hieven zu können, die Eltern verkaufen ihr Haus und ziehen mit ein. Das erzeugt Druck, bringt Spannungen. Niketsch zieht es mehr in dieses Gutshaus als an seinen Schreibtisch mit der Dissertation. Zudem trauert er insgeheim seiner Beziehung mit Marlene hinterher, und irgendwann taucht die Frage auf, von welchem Bruder nun tatsächlich Selma, die pubertierende Tochter ist. Die Krisen des Lebens machen also nicht Halt am Ortseingang zu dem idyllischen Dorf, im Gegenteil, zwar eröffnet Marlene erfolgreich das Café, Eifersucht und Neid Alteingesessener wirken wie steter Tropfen, der den Stein höhlt und auch den "Gott in Weiß" mitreissen kann. Niketsch wird allmählich zum Chronisten dieses Überlebenskampfes, des Verlustes der Romantik, auf die alle gesetzt hatten. Kann er sich mittels neuer Freundin zwar aus seinen depressiven Anwandlungen und der Bindung an Marlene befreien, so läßt sich der Niedergang des blühenden Landexperimentes auf der anderen Seite nicht aufhalten.
Irgendwie hat mich der Roman an Tschechows Der Kirschgarten erinnert.
Barbara Handke, geboren 1974 in Barth, hat von 1998 bis 2001 bei uns in der anderen buchhandlung eine Ausbildung als Buchhändlerin absolviert, anschließend ein Studium der Anglistik und Soziologie. Danach erfolgten längere Aufenthalte in Frankreich, Irland und den USA, dazwischen auch mal in Paris mit einem Praktikum in der legendären Buchhandlung Shakespeare & Co. Anschließend hat sie in Hamburg und Leipzig als Verlagslektorin gearbeitet. Heute lebt und arbeitet sie als „Freiberuflerin rund um Text und Buch“ in Leipzig. Wo ist Norden ist ihr Romandebüt.
