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Holocaust und Völkermorde

Die Reichweite des Vergleichs, Jahrbuch 2012 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust, Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust

Erschienen am 08.10.2012, 1. Auflage 2012
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593397481
Sprache: Deutsch
Umfang: 248 S.
Format (T/L/B): 1.8 x 21.3 x 14.3 cm
Einband: Paperback

Beschreibung

InhaltsangabeInhalt Sybille Steinbacher Einleitung7 Massengewalt und Erster Weltkrieg Wolf Gruner "ArmenierGreuel" Was wussten jüdische und nichtjüdische Deutsche im NS-Staat über den Völkermord von 1915/16?31 Christoph Dieckmann "Jüdischer Bolschewismus" 1917 bis 1921 Überlegungen zu Verbreitung, Wirkungsweise und jüdischen Reaktionen55 Christian Werkmeister Johannes Lepsius und die Verbrechen an den Armeniern Die Vorgeschichte der UN-Genozidkonvention83 Holocaust und Vergleich Dieter Pohl Massengewalt und der Mord an den Juden im "Dritten Reich"107 Andrea Löw "Ein Verbrechen, dessen Grauen mit nichts zu vergleichen ist" Die Ursprünge der Debatte über die Singularität des Holocaust?125 Jörg Ganzenmüller Stalins Völkermord? Zu den Grenzen des Genozidbegriffs und den Chancen eines historischen Vergleichs145 Genozid in globaler Perspektive Philipp Ther Differenzierung versus Universalisierung "Ethnische Säuberungen" und die Genocide Studies169 Dirk Moses Weltgeschichte und Holocaust Ein Blick in Raphael Lemkins unveröffentlichte Schriften195 Donald Bloxham Der Holocaust in kontinentaler Perspektive Vom Vergleich zur Kontextualisierung215 Autorinnen und Autoren243

Autorenportrait

Sybille Steinbacher ist - nach Stationen in München, Bochum, Harvard, Jena und Frankfurt - Professorin am Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien.

Leseprobe

Im Mittelpunkt des Jahrbuchs 2012 zur Geschichte und Wirkung des Holocaust steht eine Frage, die die zeitgeschichtliche Forschung seit einiger Zeit umtreibt, auf die sie aber noch keine klare Antwort gefunden hat: ob nämlich der systematische Massenmord an den Juden im "Dritten Reich" eines von vielen staatlich organisierten Verbrechen im 20. Jahrhundert gewesen ist. Wenn dem so war: Was bedeutet dies für die vieldiskutierte Vorstellung von der Singularität des Holocaust? Und inwiefern lässt sich die Vernichtung der europäischen Juden dann in die Liste der Völkermorde der Epoche einreihen? Diese Fragen stellen sich auch deshalb drängend, weil mit der vergleichenden Genozidforschung in den letzten Jahren eine neue Disziplin entstanden ist. Noch arbeiten Genozidforschung und Holocaustforschung nebeneinanderher und tauschen sich kaum aus. Wie fruchtbar aber ein Brückenschlag sein kann, hat eine Konferenz gezeigt, die das Institut für Zeitgeschichte der Universität Wien und das Fritz Bauer Institut unter dem Titel "Der Holocaust und die Geschichte der Völkermorde im 20. Jahrhundert" im Oktober 2011 in Wien gemeinsam veranstaltet haben. Daraus ist der vorliegende Band hervorgegangen, dessen Ziel es ist, über den historischen Ort des Holocaust in der Gewaltgeschichte des 20. Jahrhunderts (insbesondere seiner ersten Hälfte) zu reflektieren. Die Autorinnen und Autoren fragen nach den Bezügen zu anderen Massenverbrechen und diskutieren im Lichte der Ansätze und Erträge der komparativ arbeitenden Genozidforschung die Stärken, aber auch die Grenzen des Vergleichs. Im Folgenden wird erstens die Entwicklung der Genozidforschung skizziert. Zweitens geht es um die Rolle, die die Zeitgeschichtsforschung zum Holocaust darin einnimmt, und um konfligierende Interessen, wie sie beispielsweise in der Diskussion über die Einzigartigkeit des Judenmords zutage treten. Daran schließen sich drittens Überlegungen zu den Perspektiven einer Annäherung der beiden Disziplinen und einem gemeinsamen Forschungsprogramm an. Verbrechen als "Weltgefahr" Im Jahr 1927 stellten Juristen aus aller Welt eine Liste sogenannter internationaler Verbrechen zusammen. Sie wollten ein völkerrechtliches Strafrecht schaffen, um Untaten zu ahnden, die "Anschläge auf die Interessen der Menschheit" waren. Dazu zählten sie den Handel mit Frauen, Sklaven und Kindern ebenso wie Piraterie, Falschmünzerei, Pornographie und Geschäfte mit Drogen; bald kamen auch Anschläge auf internationale Verkehrseinrichtungen, die Verbreitung von Epidemien und Kriegshetze hinzu. Als 1933 in Madrid der fünfte internationale Kongress zur Vereinheitlichung des Strafrechts tagte, forderte ein junger Staatsanwalt aus Warschau, die Liste der "delicta juris gentium" um zwei Straftaten zu erweitern: zum einen um "Akte der Barbarei", worunter er Pogrome, Massaker, die Zerstörung der wirtschaftlichen Existenz wie überhaupt alles verstand, was auf die Unterdrückung oder Vernichtung der Angehörigen einer nationalen, religiösen oder "rassischen" Gruppe abzielte. Zum anderen wollte er "Akte des Vandalismus" hinzufügen und meinte damit die Zerstörung des kulturellen Erbes einer Gruppe, ihrer Kunstwerke und geistigen Schöpfungen. Seine Begründung lautete: Alle "gegen Gemeinschaften gerichteten Aktionen" seien eine "dauernde Bedrohung der Menschheit", kurz: eine "Weltgefahr". Der junge Staatsanwalt war Raphael Lemkin, Sohn assimilierter Juden aus Ostpolen; der 33-Jährige veröffentlichte seine Ausführungen im November 1933 im Internationalen Anwaltsblatt. Lemkin setzte sich schon früh dafür ein, eine Lücke im internationalen Recht zu schließen und eine völkerrechtliche Konvention zu schaffen, die die Zerstörung ethnischer, konfessioneller und kultureller Gruppen als Verbrechen ahndet. Sein Engagement dafür stieg noch, als der Zweite Weltkrieg die Lage verschlimmerte. Nachdem er 1939 aus Polen über Lettland zunächst nach Schweden und 1941 schließlich in die USA geflohen war, forderte er er

Schlagzeile

Jahrbuch zur Geschichte und Wirkung des Holocaust

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